Schleißheim/Gröbenzell – Belen Gettwart blickt auf ein überaus erfolgreiches Handball-Jahr 2023 zurück. Die 21-jährige Physiotherapeutin stieg mit dem HCD Gröbenzell auf und spielt aktuell ihre erste Hallensaison in der 2. Bundesliga.
Sie verteidigte im Sand mit den Beach Bazis Schleißheim den Bundes-Titel, eroberte Bronze beim Champions Cup und krönte sich zur besten Werferin des Turniers. Zudem triumphierte sie mit dem Beachhandball-Nationalteam erneut bei der Europameisterschaft, gewann mit dem Team die EHF Global Tour und holte Bronze bei den olympischen European Games.
„Belen ist auf ihrer Position, die Entscheiderin im Angriffszentrum und als Spielerin für den ersten und zweiten schnellen Ball nach vorne, sicher weltweit unter den Top 3 zu finden“, lobt Bundestrainer Alexander Novakovic (TSV Ismaning) seinen Schützling. Sie habe sich das fleißig erarbeitet und auch in der Halle einen tollen Sprung gemacht, der sicher ohne Beach nie so möglich gewesen wäre.
Novakovic blickt bereits voraus: „Ihr nächster Schritt ist jetzt für ihr junges Alter auch als Persönlichkeit im Leistungssport weiter zu reifen, um in ein paar Jahren, eine noch verantwortungsvollere Rolle auf und neben dem Platz, einzunehmen. Das traue ich ihr absolut zu und versuche, ihr weiterhin Wege und Möglichkeiten von Regeneration, aufzuzeigen.“
Wie sie selbst auf diese aufreibende Zeit blickt, erzählt Belen im Interview mit Guido Verstegen, Münchner Merkur, 10.1.24.
Frau Gettwart, 2019 haben Sie mit dem Junioren- Nationalteam Bronze gewonnen und Ihre erste internationale Medaille im Beachhandball gewonnen. Bleibt angesichts der vielen Termine die Zeit, um zu realisieren, was Sie schon alles erreicht haben?
„Ich schaue immer wieder gerne zurück, wie alles seinen Lauf genommen hat. Der Sport gibt mir wahnsinnig viel, sonst würde ich das alles nicht in diesem Maße betreiben. Ich bin meinen Eltern sehr dankbar, dass sie mir das alles ermöglichen, immer hinter mir stehen und mir den Rücken stärken.“
Pausen gibt es auf diesem Level für Sie eigentlich nicht. Früher ging es nur im Sommer in den Sand, jetzt stehen regelmäßig Beach-Lehrgänge auf DHB-Ebene für Sie an.
„Klar, manchmal wäre es auch ganz schön, wenn ich mal an einem Wochenende durchatmen könnte – aber wenn ich gerade auf 2023 zurückblicke, muss ich sagen, dass ich alles richtig gemacht habe. Es gab so viele schöne Momente, die ich durch den Hallenhandball und durch den Beachhandball mitnehmen durfte. Da vergesse ich schnell, wie viel Zeit ich dafür investiert habe.“
Viele Spielerinnen begleiten Sie schon sehr lange auf Ihrem Weg. Da entstehen Freundschaften, man kennt sich, man schätzt sich.
„Das stimmt. Vor kurzem erst habe ich mit Isabel Kattner darüber gesprochen – wir spielen ja in drei Mannschaften zusammen und kennen uns rund zehn Jahre. Wir sehen uns so oft, immer gibt es was zu erzählen, das ist so schön. Wir haben schon viel miteinander erlebt, und da kommt hoffentlich noch so einiges. So eine Freundschaft ist etwas Besonderes. Wir haben uns angeschaut und uns gesagt: wer hätte es uns damals in der Landesliga beim TSV Schleißheim zugetraut, dass wir mal in der Zweiten Liga ankommen und im Team auch so viel Verantwortung tragen dürfen?“
Mit den Beach Bazis Schleißheim sind Sie zum zweiten Mal hintereinander deutscher Meister geworden. Wie erklären Sie sich diesen Erfolg, gerade auch angesichts der Tatsache, dass die Mannschaft eben nicht in erster Linie aus Nationalspielerinnen besteht?
„Weil so viele Spielerinnen im Team ihre Beach-Wurzeln in Oberschleißheim haben, können wir öfter miteinander trainieren, und wir kennen uns eben auch schon sehr lange. Intern hatten wir diesmal das Halbfinale als Ziel ausgegeben. Es macht uns sehr glücklich und froh, dass wir unseren Erfolg wiederholen und uns erneut für den Champions Cup qualifizieren konnten, wo wir dann sogar die Bronzemedaille gewonnen haben. Mit dieser starken Teamleistung haben wir noch einmal unterstrichen, dass die beiden DM-Titel kein Zufall sind.“
Auf internationalem Parkett haben Sie den EM- Titel verteidigt.
„Mit dem Gewinn der Europameisterschaft 2021 stand fest – und das haben wir auch mit der Sportpsychologin so besprochen –, dass wir diesen Titel nicht verteidigen müssen, sondern dass der uns gehört und den uns niemand nehmen kann. 2023 haben wir den Titel erneut gewonnen und sozusagen unsere Leistung bestätigt. Wir mussten uns das erneut hart erarbeiten, es spielte dabei keine Rolle, was 2021 war. Natürlich waren wir damals eher der Underdog und sind jetzt mehr die Gejagten. Da ist ein größerer Druck spürbar und auch mehr Intensität im Spiel, weil die anderen uns unbedingt schlagen wollen.“
Erst zwei Siege mit dem HCD Gröbenzell, Tabellenletzter – das Abenteuer Zweite Liga bringt für Ihren Klub viele Enttäuschungen mit sich. Denken Sie manchmal, es wäre besser gewesen, wie im Vorjahr auf die Teilnahme an der Aufstiegsrunde zu verzichten?
„Ich hätte darauf auf keinen Fall verzichten wollen, auch wenn’s jetzt so negativ aussieht. Das sind Erlebnisse und Spiele, die uns alle weiterbringen, weil wir wahnsinnig viel lernen dürfen. Ich bereue es zu keinem Zeitpunkt und bin froh, das alles erleben zu dürfen.“
Was die Mannschaft kann, zeigte sie gerade erst mit dem 30:28 bei Spitzenreiter Werder Bremen. Aber grundsätzlich wird die Mannschaft immer wieder durch Schwächephasen zurückgeworfen. Hat sich das Team noch nicht akklimatisiert?
„Ich würde schon sagen, dass wir in der Liga angekommen sind. Aber sobald wir mal schlechte zehn Minuten haben, nutzt das der Gegner gleich gnadenlos aus. Das Verletzungspech verfolgt uns auch, aber wir kämpfen uns trotzdem als Team durch jedes Spiel.“
Weil es dann unter anderem im Rückraum an Alternativen fehlt, stehen Sie entsprechend oft auf der Platte und starteten in Bremen mit zehn Treffern ins neue Jahr. Wie sieht Ihre persönliche Bilanz aus?
„Ich bin sehr zufrieden und dankbar, weil ich sportlich dadurch viel mitnehmen darf. Natürlich würde ich gerne öfter gewinnen, denn der Erfolg der Mannschaft steht über allem.“
Wenn Sie zuhause so in Ihre persönliche Vitrine schauen: Was sind Ihre Ziele für 2024?
„Wir wollen im Juni bei der Weltmeisterschaft in China gut abschneiden und beweisen, dass der erste WM-Titel 2022 keine Eintagsfliege war. Aber angesichts der vielen Erfolge in den letzten Jahren sind wir wohl eher die Gejagten. Vor den Olympischen Spielen in Paris gibt es noch eine Art Repräsentationsturnier, bei dem Allstar-Teams aus verschiedenen Nationen noch einmal Werbung machen für unsere schöne Sportart, die ja darum kämpft, olympisch zu werden. Trainer Alexander Novakovic darf da Spielerinnen vorschlagen. Mein Wunsch ist groß, mit dabei zu sein. Mit den Beach Bazis will ich wieder erfolgreich sein und mit Gröbenzell möglichst noch den Klassenerhalt in der Halle schaffen.“